Das war das Symposium

Bericht und Bilder:

Pressestimmen zum Symposium

Das Symposium „Simultaneen im deutschen Sprachraum“ in Sulzbach-Rosenberg ging am Sonntag, den 17.September mit einem ökumenischen Gottesdienst in der Stadtpfarrkirche St. Marien zu Ende. Veranstalter war der Förderverein Simultankirchen in der Oberpfalz in Kooperation mit der Stadt Sulzbach-Rosenberg. Drei Tage lang beschäftigten sich rund sechzig Wissenschaftler und weitere Interessierte mit der gemeinsamen Nutzung von Kirchengebäuden durch mehrere Konfessionen. Sie betrachteten dabei nicht nur Experimente aus der Vergangenheit, sondern stellten sich auch der Frage, welche Funktion Kirchengebäude zukünftig übernehmen könnten.

Pressestimmen zum Symposium

Unter dem Eindruck des Dreißigjährigen Krieges verfügte Pfalzgraf Christian August von Sulzbach 1652, dass in seinem Herrschaftsgebiet Evangelische und Katholiken die Kirchen am Ort je zur Hälfte gemeinsam nutzen und verwalten sollten. In anderen Regionen Deutschlands gab es ähnliche Experimente. Beispiele dafür sind der Dom St. Petri in Bautzen, der Altenberger Dom, die Simultankirchen in Biberach und im heutigen Bundesland Rheinland-Pfalz. Ihnen war gemeinsam, dass die jeweiligen Landesherren sie einrichteten, um Ruhe und Ordnung in ihren Territorien zu gewährleisten.

Dass diese von der Obrigkeit befohlene Regelung bei den Pfarrern und im Kirchenvolk nicht überall auf Gegenliebe stieß, zeigt sich an vielen Streitigkeiten, die in historischen Quellen überliefert sind. Die Einrichtung des Kirchenraumes und Nutzung des Inventars oder der Streit um die Gottesdienstzeiten boten dafür häufig Anlässe. „Das Simultaneum wurde nicht als Ausdruck einer Liebesbeziehung, sondern eher als notwendiges Übel empfunden, um den sozialen Frieden zu erhalten.“ Es sei aus der politischen Vernunft heraus entstanden, nicht aufgrund von theologischer Einsicht, wie Nicole Grochowina, Lehrbeauftragte für Kirchengeschichte im Fachbereich Theologie der FAU Erlangen-Nürnberg ausführte.

Pragmatische Toleranz

Doch man dürfe sich von diesen Quellen nicht täuschen lassen. Denn in der Regel seien nur Konflikte schriftlich dokumentiert. Darauf wies Prof. Klaus Unterburger, Kirchenhistoriker an der Katholisch-Theologischen Fakultät der LMU München, in seinem Vortrag hin. Im Alltag habe es vielerorts vermutlich eine Art „pragmatische Toleranz“ gegeben. Diese pragmatische Toleranz könne sich vor allem an Orten des Zusammenlebens ausbilden, wofür die Simultankirchen ein gutes Beispiel darstellten.   Dass Pragmatismus bis heute eine große Rolle spielt beim Zusammenleben von Evangelischen und Katholiken unter einem Kirchendach davon konnten sich die Teilnehmenden bei einer Exkursion zu drei Simultankirchen im Landkreis Amberg-Sulzbach überzeugen. Sie lernten nicht nur die Kirchen St. Magdalena in Götzendorf, St. Veit in Illschwang und St. Margareta in Frankenhof kennen, sondern kamen auch mit Vertretern beider Konfessionen aus diesen Orten ins Gespräch.

„Bei uns ist Zusammenarbeit Alltag.“

Reinhard Lutter, Pfarrgemeinderat in Götzendorf

Eine riesige Herausforderung sei es jedoch, die Renovierung einer Simultankirche zu stemmen, berichteten der katholische Kirchenpfleger Peter Falk aus Illschwang und der evangelische Pfarrer Thomas Schertel. Er ist für alle drei Gotteshäuser zuständig und hat die Erfahrung gemacht, dass bei der evangelischen Landeskirche und den Bistümern geeignete Strukturen fehlten, um die Planungsprozesse miteinander abzustimmen. Hier sei dringender Handlungsbedarf gegeben.

Ökumenische Experimentierfelder

Handlungsbedarf gibt es auch angesichts sinkender Mitgliederzahlen bei beiden Konfessionen und steigender Unterhaltskosten für die zahlreichen Gotteshäuser. Das Modell der Simultankirchen rücke angesichts dieser Tendenzen wieder stärker ins Bewusstsein, stellten die Teilnehmenden des Symposiums fest.

Gleichzeitig warfen sie auch einen Blick auf aktuelle Projekte, in denen ökumenische Zusammenarbeit gelebt und erprobt wird. Der evangelische Pfarrer Klaus Stolz stellte das Ökumenische Zentrum Emmauskirche in Bad Griesbach vor. Gemeinsam mit seinem katholischen Kollegen bietet er eine spirituelle Anlaufstelle für Kurgäste und weitere Interessierte. Sie verstehen ihre Kirche als „ein Experimentierlabor für Ökumene, offen für alle Menschen, das Lust macht auf christlichen Glauben.“ Ihre Arbeit sei eine Art „ökonomische Ökumene“, wie Stolz mit einem Augenzwinkern erläutert. Denn durch die Zusammenarbeit, seien deutlich mehr Angebote möglich, als wenn jede Konfession für sich allein tätig wäre.

Auch in Nürnberg-Langwasser arbeiten evangelische und katholische Christen seit einiger Zeit enger zusammen. Ilona-Maria Kühn, Leiterin des Zukunftsprojekts „Vertiefte Ökumene in Langwasser“ berichtete von Ideen, wie Kirche vor Ort signalisieren kann: Wir sind für dich da! Dafür soll eine zentrale Anlaufstelle installiert werden mit einem ökumenischen Pfarrbüro für alle beteiligten Gemeinden. Zusätzlich sind in Zusammenarbeit mit Projektpartnern weitere Dienstleistungsangebote geplant wie Schuldnerberatung oder Erziehungsberatung.

Simultankirchen als Orte der Begegnung

Prof. Eva-Maria Seng, Lehrstuhlinhaberin für Materielles und Immaterielles Kulturerbe an der Fakultät für Kulturwissenschaften der Universität Paderborn, nahm die Simultankirchen als sogenannte „dritte Orte“ in den Blick. Sie böten den Menschen innerhalb der historisch gewachsenen Struktur eine Möglichkeit zu Begegnung inmitten des Gemeinwesens. „Mehrfach konfessionell genutzte Bauten können ein Ort der Selbstvergewisserung, der Identität, der Toleranz sein und damit auch in die Zukunft weiterentwickelt werden.“ Sie regte an, die Simultankirchen in der Oberpfalz, in die Liste des europäischen Kulturerbes eintragen zu lassen.

Grundhaltung Gastfreundschaft

Peter Scheuchenpflug, apl.Prof. Pastoraltheologe und Religionspädagoge an der Kath.-Theol. Fakultät der Universität Regensburg, machte sich mit den Teilnehmenden auf die Suche nach Räumen, die bereits jetzt von Menschen aus verschiedenen Konfessionen aufgesucht werden. Neben Kapellen in Krankenhäusern, Flughäfen oder an anderen öffentlichen Orten, lenkte er den Blick auch auf Berggottesdienste oder Gottesdienstformate im digitalen Raum. Hier spiele die Konfession keine Rolle. Er stellte fest: „Eine Gottesdienstfeiernde Gemeinde, die nur einer Konfession angehört, kann man nur noch bei wenigen Gottesdiensten annehmen.“ Deshalb sei unabhängig davon, wer einen Gottesdienstraum betreibe, eine Haltung der Gastfreundschaft wichtig. „Spüre ich, dass ich dort willkommen bin – auch wenn es nicht meine eigene Pfarrkirche ist?“

Dr. Markus Lommer, Mitglied im Förderverein und maßgeblicher Organisator der Tagung, warb für eine Kirche der „offenen Türen“. Hans-Peter Pauckstadt-Künkler, Vorsitzender des Fördervereins Simultankirchen in der Oberpfalz e.V., griff diesen Gedanken bei der Abschlussdiskussion auf: „Wir werden in Zukunft nur noch als Christen wahrgenommen werden. Das ist keine materielle, sondern eine spirituelle Frage.“

Spirituelle Kirche für das 21.Jahrhundert

Einen Höhepunkt des Symposiums bildete der ökumenische Abschlussgottesdienst mit den beiden Schirmherrn der Tagung, Diözesanbischof Rudolf Voderholzer und Regionalbischof Klaus Stiegler aus Regensburg. In seiner Ansprache stellte Stiegler das Vaterunser in den Mittelpunkt, das Gebet, das Christen weltweit verbindet und den Blick der Christen auf diese Welt prägt. Dabei ging er auch auf das Thema des Symposiums ein.

„Die gemeinsame Nutzung von Räumen ist eine wichtige Weichenstellung für die Kirche der Zukunft in unserem Land.“

Regionalbischof Klaus Stiegler

Im Gegensatz zu früheren Jahrhunderten geschehe dies heute aus eigener Überzeugung, um christlichem Leben Gestalt zu geben in einer säkularer werdenden Gesellschaft. „Die Kirche der Zukunft wird ökumenisch werden. Ökumenisch in dem Sinn, dass wir als Kirchen enger zusammenrücken und das Leben mitgestalten.“ Dabei solle den verschiedenen christlichen Traditionen gleichberechtigt Raum gegeben werden, ohne die Unterschiede zu nivellieren oder sie zu vergessen. Es gehe darum, eine spirituelle Kirche zu sein für das Leben im 21.Jahrhundert.

Geschenk mit Symbolkraft

Beim abschließenden Empfang im Gemeindesaal der Christuskirche in Sulzbach-Rosenberg dankte Diözesanbischof Rudolf Voderholzer den Organisatoren und Referentinnen und Referenten des Symposiums für ihre engagierte Arbeit. Hans-Peter Pauckstadt-Künkler überreichte den beiden Bischöfen als Dank für die Schirmherrschaft für das Symposium ein Geschenk mit symbolischer Aussagekraft: eine Ausgabe der ersten ökumenischen Bibel, gedruckt 1830 bzw. 1858 in der Druckerei Seidel in Sulzbach.

Pressestimmen zum Symposium

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